Meine Hood: Old Town
- vevefaitlaboum
- 6. Okt. 2020
- 3 Min. Lesezeit
Wo bin ich hier eigentlich, wie fühlt es sich an und wie sieht es aus?
Vom 8.-10. Oktober 1871 gab es in Chicago ein riesiges Feuer, das etwa 9km² der Stadt zerstörte und über 100.000 Menschen obdachlos zurückließ. Hier in Old Town gibt es eines der wenigen Gebäude, die das Feuer in den Grundfesten überlebt hat: St. Michael's Church. Die Straßen rund um diese Kirche wird heute als 'Old Town Triangle' bezeichnet. Der Straßenbau geht nämlich auch zum Großteil noch auf damalige Zeiten zurück, das typische Schachbrettmuster wird hier aufgebrochen und es gibt viele kleinere Straßen (Dank an Wikipedia...). Auf der südlichen Seite wird dieses Dreieck von der W North Ave begrenzt. Und wir wohnen noch ein kleines Stückchen weiter südlich. 50 Meter neben dem Haus verlaufen oberirdisch die Schienen für die Straßenbahn, aber daran hab ich mich super schnell gewöhnt.
Am zweiten Abend sind wir die 1,3km zur Lakefront, der Promenade am Lake Michigan gelaufen. Super cool, da ist direkt ein großer Strand, der in Nicht-Corona-Zeiten wohl auch ziemlich gut besucht ist. Jetzt wird es hier aber langsam kalt und so waren wir abends bis auf ein paar Läufer relativ allein dort. Ist aber total schön - an 'nem sonnigen Tag will ich gern nochmal dort hin, um den Sonnenaufgang zu sehen. Ansonsten bin ich allein auch schon durch das Old Town Triangle spaziert. Echt schön dort, und allgemein mag ich auch diese hohen schmalen Häuser so gern. An einer Ecke ist meistens ein kleines Stück ausgespart, wo eine Treppe zur Haustür hinauf führt. Manchmal ist die Treppe aber auch in der Mitte des Hauses. Man kommt dann ins Erdgeschoss, aber darunter ist auch noch ein Stockwerk, das zur Hälfte unter der Oberfläche liegt. Bei uns im Haus wohnen da Brady und Nick. Oben sind Aidan, Mike und ich. Allgemein ist es auch sehr grün und ich mag total dieses 'Allee-Gefühl'. Gegenüber vom Target gibt es auch die 'City Farm Chicago'. Dort wird Gemüse angebaut und an lokale Restaurants verkauft. Sieht aktuell etwas wild aus, aber da hätte ich wohl Bock, mal mitzuarbeiten.
In der Nähe ist auch eine alte Laufbahn. Die dazugehörige Schule wird momentan abgerissen, so dass man beim Joggen dort immer die Skyline sehen kann - echt ein cooler Anblick.
Von der Atmosphäre her könnte ich es mir nicht besser vorstellen. Alle sind irgendwie so unglaublich freundlich. Ständig lächeln einen wildfremde Leute auf der Straße an und sagen hallo. Fast alle tragen Maske, sogar draußen außerhalb von Geschäften und so. Das hätte ich gar nicht erwartet. Dafür dass Old Town so nah am Zentrum liegt, ist es hier auch super ruhig und entspannt - so gut wie keine Polizeisirenen, Geschrei oder sonstiger Rummel. Nur das Rumpeln der Straßenbahn ab und an.
Was man in Deutschland auch nicht so in der Fülle sieht, sind die Vorgartendekorationen zu den verschiedenen Jahreszeiten. Jetzt zu Halloween sieht man überall Kürbisse, Geister darstellende Stofffetzen in den Bäumen und Skelette auf Bänken. Richtig schick teilweise, aber irgendwie traue ich mich nicht, mich einfach vor ein Haus zu stellen und ein Foto zu machen. Das creept die Bewohner bestimmt an, sollten die das mitbekommen. Eigentlich wollte ich ja mittlerweile angefangen sein zu laufen, aber nach ein paar Runden in meinen normalen Sneakern musste ich aufgeben - ich brauch erst richtige Laufschuhe. Will ich noch diese Woche erledigen. Heute bin ich eine Woche hier und statt joggen bin ich dann eine 5km Runde spazieren gegangen. Das war richtig schön. Erst etwa 20 min nach Süden, bis zum Ward Park, da führt ein toller Weg zwischen den Appartements und dem Fluss entlang, es gibt eine Wiese, Bänke und einen kleinen Hundespielplatz.
Immer noch bin ich von der freundlichen Art der Menschen überrascht - vielleicht braucht das einfach ein bisschen, bis ich aus meiner deutschen Reserviertheit herauskomme. Das ist mir auch am Sonntag im Handyladen aufgefallen. Die Beraterin hat einfach nach unseren Plänen fürs Wochenende gefragt, man ist ins Quatschen gekommen und irgendwann sind wir sogar bei unserer Hochzeit angelangt. Einer ihrer Kollegen hat sich eingeschaltet und uns seinen persönlich wichtigsten Tipp gegeben: Essen am Tag der Hochzeit nicht vergessen! Glaube das könnte mir so oder so nicht passieren... 😛
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